Sonntag

Die Raupe trainiert für ihren Schmetterlingstanz



Namaste! Ihr fragt euch, warum ihr in gewissen Situationen steckt und nicht weiterkommt? Warum ihr euer Leiden zwar erkannt und bis ins Detail analysiert habt, aber euch nicht daraus befreien könnt? Den Spruch "Als die Raupe glaubte, die Welt geht unter, wurde sie zum Schmetterling" habt ihr jetzt schon öfter bei mir gelesen. Bis es zu dieser Geburt des Schmetterlings kommt, sind jedoch Anstrengung und auch Schmerzen nötig. Veränderung braucht Kraft, Transformation geht schrittweise. Jeder einzelne Schritt, jeder Schmerz ist unabdingbar, ist Training für das Leben, was danach kommt - und irgendwann ist der Schmetterling kräftig genug, um in den Himmel zu fliegen und
im Wind zu tanzen. 





  
Am Ende steht die Befreiung

Was uns nicht umbringt, macht uns härter - wie ich diesen Satz bis jetzt hasste. Bis ich von dieser Geschichte hörte - und ich verstand.

>>Ein Wissenschaftler beobachtete einen Schmetterling und sah, wie sehr sich dieser abmühte, durch das enge Loch aus dem Kokon zu schlüpfen. Stundenlang kämpfte der Schmetterling, um sich daraus zu befreien. Da bekam der Wissenschaftler Mitleid mit dem Schmetterling, ging in die Küche, holte ein kleines Messer und weitete vorsichtig das Loch im Kokon damit sich der Schmetterling leichter befreien konnte. Der Schmetterling entschlüpfte sehr schnell und sehr leicht. Doch was der Mann dann sah, erschreckte ihn doch sehr. Der Schmetterling der da entschlüpfte, war ein Krüppel. Die Flügel waren ganz kurz und er konnte nur flattern aber nicht richtig fliegen. Da ging der Wissenschaftler zu einem Freund, einem Biologen, und fragte diesen: "Warum sind die Flügel so kurz und warum kann dieser Schmetterling nicht richtig fliegen?" Der Biologe fragte ihn, was er denn gemacht hätte. Da erzählte der Wissenschaftler dass er dem Schmetterling geholfen hatte, leichter aus dem Kokon zu schlüpfen. "Das war das Schlimmste was du tun konntest. Denn durch die enge Öffnung, ist der Schmetterling gezwungen, sich hindurchzuquetschen. Erst dadurch werden seine Flügel aus dem Körper herausgequetscht und wenn er dann ganz ausgeschlüpft ist, kann er fliegen. Weil du ihm geholfen hast und den Schmerz ersparen wolltest, hast du ihm zwar kurzfristig geholfen, aber langfristig zum Krüppel gemacht."<<

Alles hat seinen Sinn
Das Leben schickt uns Prüfungen, ob wir wollen oder nicht. Manche meistern wir ganz leicht, um andere können wir uns drücken, doch um die schwierigsten kommen wir nicht herum. Wenn wir in Leidenssituationen stecken, fragen wir uns gerne "Warum?". Warum ich? Warum ist das passiert? Warum kann ich das nicht ändern? Die Antwort auf diese Fragen ist eigentlich einfach, doch schwer anzunehmen: Weil es uns voranbringt auf unserem Lebensweg. Weil wir aus jedem Leiden, aus jedem Kampf etwas lernen, was wir im nächsten Schritt brauchen. Manchmal dauert es auch etwas länger, bis wir erkennen: Ja, im Nachhinein gesehen hatte alles seinen Sinn, war das Negative nötig, damit am Ende etwas Gutes daraus entstehen konnte.
Wenn wir also annehmen, dass alles, was uns passiert, seinen Sinn hat - auch wenn wir ihn in der Dunkelheit (auf sanskrit: dukha) nicht erkennen können -, hört die Verbissenheit auf. Denn meistens ist es nicht das dukha, das uns leiden lässt, sondern weil wir uns dagegen so wehren, dagegen ankämpfen, ohne vorwärts zu kommen. Das kostet Kraft und frustriert. So als rennen wir mit dem Kopf immer wieder gegen eine Wand.

Kein Schmerz ist umsonst
Uns geht es jedoch wie dem Schmetterling, dem man, wenn er von Blüte zu Blüte tänzelt, in seiner Zartheit nicht ankennt, welch harten Geburtskampf jeder von ihnen hinter sich bringen musste. Die Raupe wächst und gedeiht in ihrem Kokon. Irgendwann wird es ihr darin zu eng: Sie ist bereit für ihre Geburt. Sie will raus in die Welt, sie will fliegen, ihr neues Leben entdecken. Der Kokon, der so lange Sicherheit und Schutz für ihre Entwicklung gab, wird zu eng, wird zum Gefängnis. Der verwandelte Schmetterling kann sich darin nicht entfalten, ja kaum bewegen. Er streckt sich, strampelt, drückt gegen die Kokonwände. Irgendwann ist ein kleiner Riss zu sehen, Stunden später brichte der Kokon auf, Stück für Stück. Der Schmetterling braucht den Kampf. Er ist Training, damit seine Flügel durchblutet und kräftig genug werden für seinen ersten Flug. 

Alles zu seiner Zeit
So müssen auch wir durch manch Leiden oder schmerzvolle Erfahrung. Um stärker zu werden, um gewappnet zu sein für unsere Entfaltung. Um in voller Pracht der oder die sein zu können, die wir sind, die schönste Version von uns. Wir entwickeln uns, stehen vor Veränderungen, Weggabelungen, Träumen. Dann ist plötzlich Stillstand. Zumindest haben wir das Gefühl: Wir strampeln, spüren die Enge, wehren uns und können uns nicht befreien. Noch nicht. Was hier vor sich geht, ist keineswegs Stillstand. Es passiert ganz viel, allerdings noch im Inneren. Die Zeit für den Durchbruch ist noch nicht gekommen, weil wir der Veränderung noch nicht gewachsen wären, weil wir noch mehr Kraft sammeln, bestimmte Erfahrungen machen müssen. Es wäre fatal, mit dem Kopf durch die Wand zu schlagen, die Mauern mit Gewalt einzureißen. Denn dahinter ist vielleicht die Freiheit, doch es könnte passieren, dass sie euch überfordert, dass ihr ihr nicht gewachsen seid.

Denkt daran, wenn ihr wieder einmal am Schmerz zu verzweifeln droht: Er hat seinen Sinn, er wird euch weiterbringen, er ist eine Chance für eure Entwicklung, er ist Training für eure Befreiung. Und diese kommt, ganz bestimmt, zu ihrer Zeit. Alles zu seiner Zeit.

Foto: Photopin

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