Donnerstag

Wenn am Ganges die Sonne untergeht...

 

 Namaste! Über meine innere Reise in Indien habe ich euch hier ja schon ausführlich berichtet. Jetzt möchte ich euch noch einen Eindruck von der wunderschönen Stadt Rishikesh am Fuße des Himalaya und meiner Zeit im Mahatma Yoga Ashram vermitteln. Foto-Impressionen und eine Reportage nehmen euch mit in eine völlig andere Welt.












Das Las Vegas des Yoga 

oder: Spiritualität zum Buchen



Meine Reise in Bildern 

Im Himalaya traf ich Höhlen-Babalus (Bettelmönche) - zu meiner Überraschung besaßen auch sie ein Handy.

Der größte Ashram in Rishikesh: der Parmetan Niketan.
Sonnenaufgangs-Wanderung am 1. Weihnachtsfeiertag im Himalaya.
Verneigung vor einer wirklich alten Großmutter.
Der Yoga-Übungsraum auf dem Dach des Mahatma Yoga Ashrams.
Yogi Ji macht es vor: So geht der perfekte nach unten schauende Hund.
Immer auf der Wanderschaft: Die Bettelmönche mit ihren typischen Ess-Behältern.
Der Dreizack ist das Symbol für den Hindu-Gott Shiva.
Unzählige Tempel sind farbenfroh verziert.
Zur Aarti-Zeremonie kommen täglich Hunderte Pilger nach Haridwar.

Für eine Fahrt mit einer Fahrrad-Rikscha braucht man gute Nerven.
Der Maharishi Mahesh Ashram: ein verlassener Ort voller Spiritualität.
Straßenkunst.
Ein wahrer Geheimtipp: Das mit Abstand schönste und beste Lokal in Laksman Jhula ist das Ramanas Organic Café.
Die Tempelglocken schweigen eigentlich nie.
Indien ist farbenfroh.
Zu Sonnenuntergang hängt eine ganz besondere Stimmung über der Stadt.
Yogi Ji - vom Banker zum Ashram-Betreiber und Vollblut-Yogi.
Das Geschäft mit Yoga-Utensilien wie Mala-Ketten boomt.
Trekking-Guide Negi warnt vor den frechen, hungrigen Affen.
Unter so manchem Turban versteckt sich ein mächtiger Rasta-Turm.
Ich bin dankbar für alle Erlebnisse, Erkenntnisse und Bekanntschaften.
Der Ort, an dem die heiligen Kühe schlafen.
"You are so tall, kann ich ein Foto mit dir haben?" - Große, weiße Europäer sind nicht nur
bei indischen Kindern ein beliebtes Fotomotiv.
Kleiner Zwischenstopp in Delhi: das Humayun Mausoleum.
Neu für mich: Sightseeing macht auch alleine Spaß.
Diese Tür erzählt ihre eigene Geschichte.
Streicheleinheiten für einen Straßenhund beim Neelkant Tempel.
Hilfestellung beim Yoga mal anders.
Rotzfreche Affen auf der Laksman Jhula Brücke.
Die Hindus verehren Hunderte von Götter.
Wo sich im Sommer täglich Hunderte Touristen tummeln, hatte ich die Höhlenmönche ganz für mich alleine.
Mystisches Himalaya-Gebirge.
Ashram-Zimmer mit Ganges-Blick.
Wer latscht denn da durch unseren Garten? 
Himalaya, ich komme wieder!
Holz sammeln ist eine tägliche Arbeit der Frauen.
In Kürze wird hier alles blühen.
Yogi, streck dich! 
Die Reisfelder sind terrassenförmig angelegt.
Statuen säumen das Ganges-Ufer.
Bei der Aarti-Zeremonie beträufelt man sich mit Ganges-Wasser - wenn man sich ein Bad nicht traut - und bekommt
gesegnete Süßigkeiten von den Priestern.
Ich will definitiv mehr von Indien sehen.

Alle Fotos: www.lettherebeom.blogspot.de





Wenn am Ganges die Sonne untergeht, verwandelt sich der Fluss in einen Strom aus Gebeten und Gesängen. Mönche und Pilger singen zu Tausenden Mantras zu Ehren der heiligen Mutter Gangha, jeden Tag zur gleichen Zeit quer durch ganz Indien – an den Ufern des Ganges auf seinem Weg von den Quellen im Himalaya im hohen Norden Indiens über heilige Städte wie Haridwar bishin zur Küste. Aarti wird diese Zeremonie genannt, bei der viele gläubige Hindus das heilige Bad im Fluss nehmen oder Blumenopfer den Wellen übergeben, Feuer werden entzündet. Auch über Rishikesh liegt unüberhörbar in der Abenddämmerung dieser Klang der Gebete, verleiht der Stadt 250 Kilometer nordöstlich von Delhi eine magische Atmosphäre. Sie trägt die vielen Yoga-Touristen zu ihren Abendklassen oder Meditationsstunden.


Grenzen existieren nur im Kopf
„Einatmen, rechtes Bein hoch und zurück, ausatmen, linkes Bein zurück, herabschauender Hund, Brett, Kobra, herabschauender Hund, beugt die Knie und springt zwischen eure Handgelenke, ...“, die Anweisungen von Yogi Ji hallen durch den zugigen Übungsraum unterm Dach des kleinen Mahatma Yoga Ashrams im Stadtteil Lakshman Jhula, benannt nach der gleichnamigen Brücke. Der 53-Jährige schließt meist die Augen, wenn er die Übungsabfolgen in einem eintönigen, aber lauten und eindringlichen Ton von sich gibt. Er kennt kein Erbarmen: Du meinst, du kannst deine Nase nicht bei ausgestreckten Beinen zu den Knien bringen – denkste. Yogi Ji, der seine langen, graumelierten Haare zu einem Dutt gedreht und den krausen Bart lang trägt, legt sich auf die Rücken der Schüler, wenn es sein muss. Tatsächlich, es geht noch mehr. Eine der ersten Lektionen: Die meisten Grenzen existieren erst einmal nur in unserem Kopf. 



Dankbar für eine heiße Dusche
Oder durch unsere starken Konditionierungen unserer Erziehungen oder Gewohnheiten. Eine Amerikanerin reist nach einer einzigen Nacht wieder ab. Ein Ashram ist kein Luxushotel – im Gegenteil. Die Zimmer sind einfach. Statt eines Schranks steht in einer Ecke ein Holzregal, daneben ein Sessel, dessen vormals gelber Bezug nun eher schmuddelig braun ist. Wer Toilettenpapier möchte, muss es sich selbst mitbringen oder in der Stadt kaufen. Und eine der wichtigsten Informationen, die sich täglich wie ein Lauffeuer unter den Hausgästen verbreitet: „Jetzt gerade gibt es heißes Wasser.“ Also besser jetzt schnell duschen, bevor es aus ist. Kann sein, dass die Dusche im Dunklen erfolgen muss, denn beinahe jeden Tag gibt es mindestens eine halbe Stunde, in der einfach mal der Strom ausfällt.  Normal für die Inder. „Madam, ich kann ihnen leider gerade keinen Cafe Americano servieren – es gibt gerade keinen Strom. Möchten Sie stattdessen einen Saft?“, auch der Kellner in der German Bakery muss improvisieren. Inder sind die Meister der Flexibilität. Von den Touristen wird diese nicht nur in Bezug auf ihren Körper bei den Yoga-Stunden abverlangt.


Alles ist eine Lebens-Übung
An Bargeld zu kommen, ist in diesen Tagen nicht leicht in Indien. Um dem Schwarzgeld und gefälschten Noten Herr zu werden, hat die Regierung einfach mal sämtliche alte Scheine eingezogen und gibt neue Noten aus. Pro Tag und Kopf sind nur limitierte Abhebungen an den Geldautomaten möglich – das führte in Millionenstädten sogar zu einigen Todesfällen im Gedränge. Doch für Yogalehrer und Ashram-Betreiber Yogi Ji, der selbst den Weg der Erkenntnis und die Verwandlung vom weltlichen Banker bishin zum Vollzeit-Yogi ging, ist auch das eine lebensphilosophische Übung: „Wir müssen es so akzeptieren, wie es ist. Wir sind es doch selbst, die dem Papier seinen Wert geben. Nun haben wir die Chance zu lernen, ohne oder mit weniger auszukommen.“ Nun sei die Zeit zu unterscheiden, wieviel und was wir wirklich brauchen – der große Rest ist für unseren Geist, ist Luxus. Yogi Ji: „Wenn du müde bist, brauchst du Schlaf – völlig egal, ob auf dem Boden oder in einem extrabreiten Luxusbett.“


"Om namo shiva..."
Es ist nicht der Boden, aber auch alles andere als ein Luxusbett, in dem um 6.45 Uhr Schluss ist mit Träumen vom perfekten Kopfstand. Der Wecker klingelt, schließlich startet um 7 Uhr das Ashram-Tagesprogramm: Chanting. Es werden Mantras gesungen. Yogi Ji begleitet den Gesang auf seinem Harmonium. „OM namo shiva, OM namo shiva, shiva nama OM, shiva nama OM...“ Danach gibt es Ingwer-Tee, bevor Reinigung ansteht, was heißt: Nase spülen oder für die Mutigen: Salzwasser trinken, solange bis man sich übergeben muss. Ist laut Ayurveda angeblich gut für den Magen und das ganze System. Man muss ja nicht alles ausprobieren. Frühstück, dann 1,5 Stunden Yoga, Mittagessen, Freizeit, bis es mit 1,5 Stunden Yoga und schließlich Philophie-Stunde oder Meditation weitergeht.


Hier meditieren sogar die Kühe
In Rishikesh, das sich in den vergangenen Jahrzehnten zum Las Vegas des Yoga mit rund 1.000 Yoga-Touristen täglich entwickelt hat, meditieren sogar die Kühe, die bekanntlich in Indien heilig sind. Gerne bleiben sie mitten auf der Lakshman Jhula Brücke stehen, die ohnehin nur zwei Meter breit ist, und sinieren – Rollerfahrer hupen ungeduldig, die Fußgänger drängen sich vorbei, die vielen Affen immer im Blick, die am Geländer sitzend darauf warten, ob sie einem Kind ein Eis oder einem unvorsichtigen Rucksack-Touristen eine Chipstüte klauen können. Dutzende Tempelglocken bimmeln vom großen Laksman Tempel auf die wimmelnde Masse aus Menschen, Kühen, Affen, Straßenhunden und Motorrädern herunter. Niemand weiß genau, wieviele Yogaschulen oder Ashrams es in Rishikesh eigentlich gibt. An jeder Ecke werben Schilder für Unterrichtsstunden in verschiedenen Übungs- oder Meditationsstilen, für Yogalehrer-Ausbildungen, Ayurveda-Kochkurse oder Wiedergeburts-Workshops. Straßenverkäufer bieten Gebetsketten, mit Om-Zeichen bedruckte Hosen und Taschen, kleine Buddhas an – sie säumen den Weg bis zur zweiten Brücke Ram Jhula. Zwischendrin sitzen teils verstümmelte Obdachlose, Teeverkäufer oder die an ihren orangefarbenen Kleider erkennbaren Bettelmönche. Unweit der Ram Jhula befindet sich das Viertel Swarga Ashram, wo sich die meisten Ashrams und an dessen Ende auch das bekannteste, aber längst still gelegte und verlassene Maharishi Mahesh Yogi Ashram befinden. Es gelang zur Berühmtheit, weil hier in den 1960er Jahren die Beatles einige Zeit verbrachten und Rishikesh den Schub gaben, zur Welthauptstadt des Yoga zu werden.


Sonnenaufgangs-Wanderung im Himalaya

Spiritualität liegt jedoch nicht nur wegen der vielen Yogis und Pilger in der Luft. Das Himalaya-Gebirge erhebt sich gleich hinter der Stadt. Eindrucksvoll und majestätisch sind die Umrisse der Berge zu sehen – unvergesslich ist eine Wanderung, die bei Sonnenaufgang beim Kunjapuri Tempel, dem Tempel der Frauen, startet. Vier Stunden geht es bergab durch kleine Dörfer, wo die Bauern noch mit zwei Ochsen vor den Pflug gespannt die Feldarbeit verrichten. Frauen balancieren riesige Ast- und Blätterpakete, das Futter für ihre Tiere, auf dem Kopf. Kinder stecken schüchtern, aber neugierig den Kopf aus blau bemalten Haustüren. Eine Pause an einem Wasserfall, die Füße im kalten Wasser abgekühlt, weiter geht es bergab. Eine andere beliebte Trekking-Tagestour führt von Rishikesh aus zu einer Höhle, die zur Pilgerstätte wurde, nachdem hier ein Bettelmönch elf Jahre am Stück meditiert haben soll, und zum Neelkant Mahadev Tempel. „Jedes Jahr im Juli ist der Tempel Mittelpunkt eines großen Hindi-Festivals ist, bei dem hunderte Pilger auf der Straße campieren, um darin gesegnet zu werden“, berichtet Wanderführer Negi. Der 29-Jährige, der selbst aus einem kleinen Himalaya-Dorf stammt, nutzt schnell die Gelegenheit, der Kuh-Statue seine Wünsche ins Ohr zu flüstern. Jeder Besucher bekommt mit gelber und roter Farbe einen Stempel des Dreizacks des Gottes Shiva auf die Stirn gedrückt. Den Nordinder zog es wie so viele junge Männer auf der Suche nach Arbeit in die Stadt: „Erst habe ich in Mumbai gekocht, doch da ist es nur laut und dreckig – ich brauche die Natur.“ Das kann er jetzt mit Wander- und Raftingtouren ausleben. Rafting ist eine weitere willkommene Abwechslung für die Yoga-Touristen. In der Hochsaison sind täglich bis zu 800 Boote auf dem Ganges unterwegs. Für manche lässt sich das mit dem heiligen Bad gleich verbinden. In Rishikesh, unweit der Quellen, ist das Wasser anders als etwa in der Pilgerstadt Nummer Eins, Varanasi, noch sauber. Ich habe sogar einen Schluck getrunken.


Rishikesh ist ein Ort zum Ankommen
Abends werden dann in der Philosophie-Stunde wieder die großen Fragen des Lebens beantwortet: „Mache nichts für andere – das bringt dich über kurz oder lang zum Leiden. Jeder macht seine eigene Reise – du bist also im Kern zuerst immer für dich selbst verantwortlich. Denn nur wenn du weißt, wer du bist, weißt du auch, wohin du willst.“ Die Worte Yogi Jis unterlegt mit dem Klang der Gebetszeremonie in den Tempeln am Ganges, der über den Fluss hallt, gehen tief. Rishikesh ist ein Ort zum Ankommen. Bei sich selbst.






Großes Yoga-Festival 

Seit 1999 findet jedes Jahr in Rishikesh das Internationale Yoga Festival statt. Heuer ist es von 1. bis 7. März. Hunderte Teilnehmer aus 38 Ländern machen es zum größten seiner Art. Bekannte Lehrer aus der ganzen Welt stellen die verschiedenen Yoga-Stile von Kundalini über Ashtanga bis Hatha vor. Es gibt viele Side-Events wie Konzerte oder Heilworkshops.


Reise-Infos 
Hin- und Rück-Flug nach/von Delhi mit z.B. Emirates ab München ca. 600 Euro

Ab Delhi Inlandsflüge bis Deradhun (Achtung: nur 15 Kilo Gebäck) ab 20 Euro oder per Taxi ca 70 Euro bis Rishikesh

Mahatma Yoga Ashram: eine Woche inklusive drei Mahlzeiten, eine Ayurveda-Massage, Yoga-Programm und Trekking-Ausflug ca. 330 Euro www.rishikeshyogpeeth.com

Beste Reisezeit: Oktober bis Juni

Allgemeine Touristeninfos: www.haridwarrishikesh.com


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