Sonntag

Der Staubsauger als Achtsamkeits-Maschine

 Namaste! Achtsamkeit ist derzeit ein schon fast  überstrapaziertes Modewort. Auf jeder zweiten Frauenzeitschrift ist es zu lesen. Auch wenn ihr es vielleicht nicht mehr hören könnt: Achtsamkeit ist DAS Rezept zu mehr Bewusstsein für sich und seine Umwelt und vor allem zu weniger Stress.

Und genauso wie man im Supermarkt oder im Stau meditieren kann, was ich in meinem Artikel
"Verdammt zum Nichtstun" versucht habe zu vermitteln, finden sich viele geschenkte Gelegenheiten zu Achtsamkeitsübungen, ohne dass man sich im stressigen Alltag dafür noch extra eine Stunde Zeit nehmen müsste. Also funktioniert doch einfach den nächsten Hausputz dazu um. Der Staubsauger ist eine wahre Achtsamkeits-Maschine.










Im Jetzt gibt es keinen Stress


"Werde dir im tiefsten Inneren bewusst, dass der gegenwärtige Augenblick alles ist, was du je haben wirst. Mach das Jetzt zum Brennpunkt deines Lebens. (...) Sag immer Ja zum gegenwärtigen Augenblick" - schreibt Eckart Tolle in seinem Buch "Leben im Jetzt".

Das klingt sehr theoretisch. Anders ausgedrückt: Sei bei der Sache, die du gerade machst, zu 100 Prozent. Und schon wird der Stress in diesem Moment von alleine nachlassen, denn dieser entsteht, wenn wir, während wir die eine Sache tun, schon wieder an die lange To-Do-Liste, die danach zu erledigen ist, denken. Ihr kennt das sicher: Nehmen wir das Beispiel Hausputz, dem wir alle nicht auskommen. Wir haben nach einer langen Arbeitswoche einen Tag frei und schon morgens, wenn wir die Augen aufschlagen, springt unsere innere Treiber-Maschine an. Die innere Liste, der Dinge, die wir alle erledigen müssen (stopp! wollen - und das ist ein großer Unterschied!), ist lang: Wäsche waschen, einkaufen, die Wohnung putzen, eine Freundin besuchen, joggen gehen. Und wie jetzt: Jetzt soll ich auch noch meditieren und mir des Jetzt bewusst werden? Dafür habe ich keine Zeit!

Wir erstellen uns einen Timetable und sind ständig am updaten: Bin ich noch gut in der Zeit? Schaff ich das heute alles. Während wir die Waschmaschine füllen, überlegen wir unseren Einkaufszettel. Im Supermarkt denken wir daran, dass nicht nur das Bad, sondern auch die Küche geputzt werden muss. Wir schrubben Küche und Bad und erinnern uns währenddessen pausenlos, dass wir auf dem Weg zu unserer Freundin noch zur Post fahren sollten. Unsere Bekannte hat uns kaum den Kaffee eingeschenkt, blicken wir schon auf die Uhr: Eine Stunde hab ich Zeit, dann bin ich zum Laufen verabredet.

Anfangs dauert die Gegenwärtigkeit nur Sekunden

Hast du erkannt: Wir sind selten bei der Sache, die wir gerade machen, sondern ständig einen Schritt voraus. Und genau das versetzt uns in Daueranspannung und Stress. Das Rezept dagegen ist eigentlich leicht, aber dennoch schwer in der Umsetzung, denn es bedeutet, ein Verhaltensmuster umzuprogrammieren. Doch für alle unter uns, die Multitasking lieben: Plötzlich wird die Runde mit dem Staubsauger durchs Haus oder das Wäsche aufhängen, zur Achtsamkeitsübung - juhu, zwei Fliegen mit einer Klappe. Mit dem tollen Ergebnis: Der Stress lässt nach, das Gefühl für den Moment nimmt drastisch zu und innere Ausgeglichenheit stellt sich ein. Es bedarf allerdings Übung. Doch nicht verzagen: "Zuerst wird dir bewusst, wie selten deine Aufmerksamkeit wirklich auf das Jetzt konzentriert ist. Aber allein die Einsicht, dass du nicht gegenwärtig bist, ist schon ein großer Erfolg. Diese Erkenntnis ist Gegenwärtigkeit, selbst wenn sie anfangs nur ein paar Sekunden messbare Zeit dauert, ehe sie verschwindet", motiviert uns der Achtsamkeits-Meister Eckart Tolle.

Im Jetzt gibt es keine Probleme

Übrigens: Im Jetzt gibt es auch kaum Probleme. Die haben wir nämlich vor allem mit der Vergangenheit oder in der Zukunft. Beispiel: Wir grübeln gerne über längst Vergangenes. Jemand hat uns verletzt, wir haben uns geärgert über ein Ereignis. All das können wir aber im Jetzt nicht mehr ändern. Auch der Blick in die Zukunft kann uns aufreiben. Zukunftsängste wie Angst, den Job zu verlieren usw. können uns gewaltig quälen. Doch im Jetzt haben wir meist darauf gar keinen Einfluss, Stichwort: die sprichwörtlichen ungelegten Eier.
Überlegt einmal: Was hat auf den gegenwärtigen Augenblick tatsächlich Einfluss? Wenn wir im Jetzt verweilen, ist das eine Verschnaufpause für unseren Grübler-Geist im Gedankenkarussell oder Hamsterrad.




DIE ÜBUNG

1. Entscheide dich für eine einzige Tätigkeit! Du hast vor zu Staubsaugen, das Bad zu schrubben oder einen Berg Wäsche zu bügeln und weder Lust drauf, noch Zeit dafür? Das ist die richtige Gelegenheit für die Achtsamkeitsübung. Gibt doch dem lästigen Hausputz gleich noch einen tiefgründigen Sinn - super oder? Ich suche mir jetzt für die Übung das Staubsaugen aus - wählt eure Gelegenheit!
2. Beginne mit deiner Arbeit und konzentriere dich jetzt ganz darauf. Richte deinen Geist darauf aus: Folgen mit den Augen genau der Spur des Staubsaugers, höre die Geräusche, die er macht. Spüre deinen Arm, der das Gerät bewegt.
3. Fange deinen Geist immer wieder ein, wenn er davongaloppieren und schon einmal voraus in den Supermarkt eilen will. Führe ihn einfühlsam, aber bestimmt zurück zu dem Augenblick, der gerade stattfindet. Schimpfe dich nicht, wenn du das alle drei Sekunden tun musst. Das ist Übungssache.
4. Sei dir der Stille der Gegenwärtigkeit bewusst, der Freiheit, dass du dich nur auf eine einzige Sache konzentrieren brauchst, der Kraft des Jetzt, in dem deine sonstigen Probleme keine Macht über dich haben, weil sie gerade nicht an der Reihe sind.

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